<h1>Unterwegs<br>in Äthiopien</h1>

@ Sabine Linn

Im Januar 2012 beginnt unsere Kolumne "Unterwegs in Äthiopien" voller Eindrücken, Erlebnissen, Erfahrungen und Abenteuern in Äthiopien. Die Fotojournalistin Sabine Linn nimmt uns mit auf Reiserouten, die sie selbst in Äthiopien bereist und erforscht hat. Sie ist unbetretene Pfade gegangen, hat in unentdeckte Ecken geschaut und dabei immer wieder den direkten Kontakt zu Menschen gefunden. Mit ihr diese Fahrten zu unternehmen, bedeutet in Family Hotels zu übernachten, den Reisebus mit anzuschieben, auf Märkten zu handeln, in den Bergen zu wandern und mit vielen ÄthiopierInnen dabei zu sprechen.

Wir laden Sie ein, Sabine Linn auf diese Touren zu begleiten und ein Äthiopien kennen zu lernen, von dem sie sagt:

"Äthiopien ist eine wahre Inspiration. Das Land mit einer der interessantesten Kulturen, vielfältigsten und faszinierenden Landschaften und herzlichsten Menschen, das ich je besucht habe."


Unterwegs nach Äthiopien

© Sabine Linn

Auf nach Afrika! Das war mein Wunsch vor etwa zwei Jahren im Januar 2010. Es war mal wieder an der Zeit, den Annehmlichkeiten zu entfliehen, wieder neue Orte zu sehen und eine ganz neue Welt zu entdecken. Ich lerne gerne von anderen Kulturen und wollte Teile Afrikas erforschen, die ich noch nicht gesehen hatte. Einer meiner Freunde war zur Zeit in Afrika und teilte seine Begeisterung für Äthiopien mit mir, er sagte: "Äthiopien ist erstaunlich! Die Leute sind so freundlich und lebensfroh. Das Essen ist super, die Kultur ist einzigartig und so anders als der Rest von Afrika. Komm’ so schnell wie du kannst und lass’ uns Äthiopien zusammen bereisen!”

Das brauchte er mir nicht zweimal zu sagen. Ich war bereit, mich mit meiner Kamera auf neue Abenteuer zu begeben. Obwohl ich nicht viel über Äthiopien wusste, beschaffte ich mir sofort ein Flugticket. Ich recherchierte einiges im Internet, besorgte mir ein Visum bei der äthiopischen Botschaft in Berlin, einen Reiseführer und wichtige Impfungen, packte meinen Rucksack mit meiner Kamera und flog nach Äthiopien im April 2010!

Da ich in Deutschland war, verzögerte sich mein Flug für mehrere Stunden von Frankfurt/Main über Kairo nach Addis Abeba. Vulkanasche von Island’s Eyjafjallajökull behinderte den europäischen Luftraum für mehrere Tage und es war der erste Tag der Wiedereröffnung des Luftraumes über Deutschland. Schon die ersten Stunden waren ein Abenteuer! Mein Flug konnte endlich gegen Abend starten. Nachdem ich das Flugzeug spät in der Nacht in Kairo wechselte und einen kurzen Stopp in Khartoum hatte, kam ich schließlich in der äthiopischen Hauptstadt am nächsten Morgen an. Addis Abeba, was für ein Anblick! Die Stadt war so grün, nachdem ich auf dem Weg die Wüste aus dem Flugzeugfenster sehen konnte. Im Vergleich zu Deutschland war das Wetter warm, mit leichter Luftfeuchtigkeit, aber insgesamt angenehm.

Im Flugzeug traf ich eine Frau aus Mauritius, die in Addis Abeba schon seit über 20 Jahren wohnt. Sie arbeitet als Ökonomin für die Afrikanische Union und bot mir ihre Hilfe an, falls ich meinen Freund nicht finden würde. Sie gab mir ihre Telefonnummer bevor sie den Flughafen verließ. Ich hatte nur wenige Informationen von dem Hotel, wo ich meinen Freund treffen sollte, keine Adresse oder Telefonnummer, nur den Namen des Hotels und des Stadtviertels. Ich war erleichtert, einen Plan B zu haben, da ich niemanden sonst in Äthiopien kannte. Ich ging durch die Passkontrolle, tauschte etwas Geld in äthiopische Birr, und nach weiteren Sicherheitskontrollen erreichte ich die Flughafenhalle. Hallo Afrika! Kein Zweifel, ich war auf einem anderen Kontinent gelandet. Die Mischung aus afrikanischen und muslimischen Kulturen war schon beim Einsteigen in das Flugzeug offensichtlich, und als ich den äthiopischen Boden betrat, sah ich schöne Gesichter, die mich mit einem strahlenden Lächeln begrüßten. Willkommen in Äthiopien! Viele Menschen warteten auf die Neuankömmlinge und wie erwartet, war mein Freund nicht am Flughafen. Mein Flugplan hatte alles durcheinander gebracht, und jetzt musste ich ihn in Addis Abeba finden, in einer kleinen Unterkunft namens "Family Hotel" oder "Beteseb Hotel" in Amharisch.

Beim Verlassen des Flughafengebäudes schaute ich etwas verunsichert umher und ein Mann kam auf mich zu, um seine Hilfe anzubieten. Im Laufe der Zeit stellte ich fest, dass die meisten Äthiopier sehr hilfsbereit sind, manchmal eine gute Sache, manchmal nicht. Sein Englisch war verständlich, und er war sehr freundlich. Nachdem ich ihm von meiner Lage erzählt hatte, riet er mir mit den Taxifahrern zu sprechen, die mir bei der Hotelsuche behilflich sein könnten. Ich ging nach draußen und es war klar, ich war in Äthiopien angekommen. Die blau-weißen Lada Taxis waren aus einer anderen Ära, manche angeschlagen und andere mit Verzierungen aufgemotzt. Mindestens fünf Taxifahrer standen um mich herum, als ich ihnen meine Informationen gab, um mich in den "22" Bezirk in Addis zu fahren. Keiner der Fahrer kannte das “Family Hotel”, aber sie versicherten mir, dass sie es finden würden. Ich stieg in eines der schrägsten Autos, dass ich je gesehen hatte, aber der Motor lief und der Fahrer hatte mir versprochen, mich zum Hotel zu bringen. Als wir das Flughafengelände verließen, sah ich viele Menschen, Ziegen und Schafe entlang der Straße gehen. Ich sah bunte Häuser aus Wellblech links und rechts von den Straßen. Es war eine kurze Fahrt nach "22" oder "Haya Huleutt" in Amharisch. Er hielt kurz an, um einige Leute vor Ort nach dem Weg fragen. Wir fuhren auf einer Nebenstraße weiter und erreichten das "Family Hotel". Ich war froh, dass mich ein einheimischer Taxifahrer begleitete, denn das Schild am Gebäude "Beteseb Hotel" war nur in Amharisch geschrieben.

Ich ging durch ein Tor in einen Hof hinein, als der Fahrer meine Sachen ausgeladen hatte. Ein junger Mann kam und begrüßte mich sofort, als ich ihn nach meinem Freund fragte. Er sprach kein Englisch, aber nickte mit dem Kopf und zeigte in den hinteren Teil der Gebäude. Es war das richtige Hotel! Er nahm mein Gepäck und führte mich in einen Raum mit einer offenen Tür. Dort traf ich die Inhaberin des Familien Hotel’s, Aynalem oder "Mutter", wie alle sie nennen. Sie begrüßte mich freundlich mit einem Lächeln und ihr Englisch war gut genug, um mir mitzuteilen, dass mein Freund in der Stadt unterwegs war, aber in Kürze zurückkommen würde. Ich war so glücklich und konnte noch immer nicht glauben, dass der Taxifahrer es geschafft hatte, dieses unscheinbare und versteckte Hotel in einer Großstadt wie Addis zu finden, wo nichts organisiert zu sein scheint - starker Verkehr, verstopfte Straßen mit unzähligen Menschen und Vieh auf den Wegen. Ich war sehr erschöpft und Aynalem wollte, dass ich mich etwas ausruhe. Nachdem ich einen wunderbaren Gewürztee (Chai) getrunken hatte, zeigten sie mir ein kleines, aber sauberes Zimmer mit Bad und heißer Dusche. Ich war gerade eingeschlafen, als mein Freund endlich zurück zum Hotel kam.

Ich war sofort wach und freute mich riesig, ihn wieder zu sehen und war bereit, die Stadt an meinem ersten Tag zu erkunden. Wir fuhren mit einem Minibus zum Piazza, einem Stadtteil in Addis mit einer grossen Anzahl von Cafés und Bars, dessen Geschichte und Architektur es der italienischen Besetzung im Zweiten Weltkrieg zu verdanken hat. Viele Straßen haben keine Bürgersteige und die meisten Autos und Busse folgen nicht immer der Verkehrsordnung. An Kreuzungen steht ein Polizist während der Hauptverkehrszeit, um den Verkehr zu regeln. Die Luft ist sehr verschmutzt, Autos spucken schwarzen Wolken aus und werden bis zum Zusammenbrechen gefahren. Schafe, Ziegen, Esel und Kühe, sowie Hunde und Katzen laufen auf und neben den Straßen umher, aber die Hirten halten ihr Vieh in Schach.

Es war ein schöner Anblick, die Mischung aus muslimischer und orthodoxer-christlicher Kultur zum ersten Mal zu sehen. Frauen bedecken den Kopf und Schultern mit einem weißen oder bunten Schal, aber einige tragen auch westliche Kleidung. Man sagt, Muslime und Christen leben friedlich in Äthiopien zusammen - es ist wahr, wenn man sich die Straßen von Addis Abeba ansieht. Am Piazza setzten wir uns in ein Café, wo irgendwann die Zeit stehen blieb, vielleicht in den 70er Jahren? Alte Tische und Stühle, verblasste Bilder hingen an den Wänden. Wir genossen einen frischen Macchiato und sahen fast nur ältere Männer um uns herum sitzen. Danach gingen wir zu Arat Kilo, einem Bezirk im Zentrum von Addis, wo viele junge Schuhputzer (Listros) ihrer Arbeit nachgehen. An einer Ecke werden Zeitungen verkauft und jeder sitzt auf der Treppe, um die neusten Nachrichten zu lesen. Viele Menschen suchen nach Arbeit und können es sich nicht leisten, eine Zeitung zu kaufen. Alles wird in Afrika wiederbenutzt und durch die Vermietung der Zeitungen an andere Leser werden die Zeitungen recycled. Wir schlenderten durch einige Gassen und Kinder liefen uns hinterher, fragten nach Geld und riefen uns "Faranji" nach, was “Ausländer” bedeutet. Ich denke, es ist ihre Art "Hallo" zu sagen. Es war schwer, sie zu ignorieren, aber wir sind meistens weitergegangen, manchmal haben wir auch mit ihnen gesprochen.

Mein erster Tag in Addis Abeba verging so schnell und in der Dämmerung war es an der Zeit, zu unserer Unterkunft zurückzufahren. Wir nahmen wieder einen Minibus in Richtung Hotel. Ich war sehr zufrieden mit meinem ersten Tag in Äthiopien; mit den Menschen, die ich getroffen hatte und den vielen neuen kulturellen Eindrücken. Allzeit bereit für weitere Abenteuer in Äthiopien!


Melkam Timkat

© Sabine Linn

Frohe Epiphanie - Timkat ist das äthiopisch-orthodoxe Fest der Epiphanie oder auch Timket/Timqat genannt, was "Taufe" in Amharisch bedeutet. An dem Feiertag wird die Taufe von Jesus Christus im Jordan gefeiert. Am 19. Januar (20. Januar in einem Schaltjahr) wird eine religiöse Zeremonie veranstaltet, wo viele Menschen sich auch taufen lassen, aber der schönste Teil des Tages ist für viele Äthiopier das Singen, Tanzen und Spielen von Instrumenten während einer großen Prozession auf den Straßen von Addis Ababa. Auch ein Talentwettbewerb, wo alle Nationalitäten aus Äthiopien zusammenkommen, wird veranstaltet. Viele Menschen feiern auch im nördlich gelegenen Gondar und Lalibela. Es ist das wichtigste und farbenfroheste Ereignis des Jahres und einige andere Traditionen finden auch an diesem Tag statt.

Die meisten Restaurants und Bars in Äthiopien veranstalten ein Fest an Timket, und dazu gehört auch das Family Hotel in Addis: Sie feiern in ihrer kleinen Café-Bar direkt an der Straße. Stammgäste aus der Nachbarschaft erzählten mir, dass es der beste Tag des Jahres ist, wo viele Menschen auf der Straße singen, tanzen und ausgelassen feiern. 

Aynalem ist die Matriarchin der Familie und führt das Hotel. Sie ist eine ältere Frau mit vielen gesundheitlichen Problemen und verbringt die meiste Zeit in ihrem Zimmer. Sie hat Schwierigkeiten beim Gehen und sitzt entweder in ihrem Bett oder in einem großen Sessel, immer gut gelaunt und beschwert sich nie. Den ganzen Tag steht die Tür ihres Zimmers offen und Besucher von fern und nah kommen, um sie zu sehen. Verwandte, Freunde, Hotel- und Café-Gäste begrüßen sie, bringen Geschenke, trinken Kaffee, unterhalten sich und lachen über Witze. Zwischen all ihren Besuchern ist der Rest der Familie sehr beschäftigt, geht hin und her, um alle zu bedienen oder unmittelbare geschäftliche Angelegenheiten zu besprechen. Das Hotel ist sehr einfach und ist eine Ansammlung von mehreren kleinen Häusern rund um einen Innenhof. Nasse Wäsche hängt zum Trocknen im Hof, während ein Hahn mit einem Auge auf allem herum stolziert. Ein Hund schläft auf dem Boden und die Katze schleicht auf dem Blechdach.

Oft saß ich mit Aynalem zwischen ihren Gästen und beobachtete, wie alle der Arbeit nachgehen; Putzen, Waschen, Kochen und Bedienen. Sie alle arbeiten viel, immer gut gelaunt und dankbar für das, was sie haben. Aynalem fragte immer nach meinem Wohlbefinden und bot mir Tee, Kaffee oder etwas zu essen an. Ich wurde oft eingeladen Injera mit vielen verschiedenen typischen äthiopischen Speisen, wie würzig-scharfes Huhnstew (Doro Wat) zu essen. Injera ist Bestandteil von fast jedem äthiopischen Nationalgericht, ein Fladenbrot, das wie ein schwammiger Pfannkuchen aussieht. Das erste Mal, als ich mit dem Essen fertig war, versuchte ich mit meinem Wörterbuch meine ersten Worte in Amharisch zu sprechen. Wir lachten viel und ich musste erkennen, dass es eine schwierige Sprache ist. Die Aussprache war eine Herausforderung, aber ich schaffte es irgendwie "Amesege'nallo ' - Vielen Dank!" zu sagen.

Etwa zehn junge Frauen und Männer helfen Aynalem und kümmern sich um das Hotel und Café-Bar. Alle sind Verwandte vom Land und wurden von ihren Familien in die Hauptstadt geschicken. Sie sind zwischen 15 und 20 Jahre alt, manche sind auch älter. Sie helfen Aynalem im Hotel und sie zahlt für ihre Ausbildung. Sie arbeiten viel, sind aber in der Lage jeden Tag zur Schule zu gehen. Die meisten der Verwandten sind Bauern auf dem Land und könnten es sich nie leisten, ihren Kindern eine Schulbildung zu bieten, die über die 5. oder 8. Klasse hinaus geht, da sie auf den Feldern mithelfen oder weite Wege zu Fuß zur Schule gehen müssen. In der Stadt gibt es fast immer Verwandte, die ein zusätzliches Kind aufnehmen können, um denen eine bessere Chancen und Ausbildung zu ermöglichen. Aynalem ist eine von vielen in Addis Ababa und sie nimmt ihre Verpflichtung sehr ernst. Sie sagt es klar und einfach: "Sie helfen mir, und ich helfe ihnen."

In Folge der jüngsten tragischen Ereignisse möchte ich sagen, dass Äthiopien ein sicheres Reiseland ist. Ich habe nie irgendwelche ernsthafte Probleme mit der Bevölkerung bei meinen Besuchen dort erlebt. Die Menschen waren immer hilfsbereit und freundlich!


Eine Reise durch den Nord-Osten

© Sabine Linn

Äthiopien ist ungefähr dreimal so groß wie Deutschland. Das Reisen mit dem Auto oder Bus kann mehrere Tage dauern, da die Straßenverhältnisse im gesamten Land nicht immer ideal sind. Es wird empfohlen, nur am Tage zu fahren, da auf den Straßen Nutztiere wie Schafe, Ziegen und Rinder laufen, daher ist es gefährlich nachts zu fahren. Darüber hinaus hat Äthiopien die höchste Konzentration von Bergen in Afrika. Die Höhenlagen machen es schwierig, sich schnell von Ort zu Ort zu bewegen. Aber hier liegt der Reiz; es lohnt sich, Äthiopien auf 4-Rädern zu erkunden. Die Landschaft zieht an einem vorbei und man sieht die geografischen Veränderung mit den eigenen Augen. Von Region zu Region erweckt das Land, Kultur und Menschen große Neugierde. Es ist eine unvergessliche Reise, denn jede Region ist einzigartig in Äthiopien!

Eine grosse Zahl von Touristen aus der ganzen Welt haben dieses besondere Land in den letzten Jahren entdeckt. Die Kultur, Land und Leute haben viel zu bieten: Äthiopien wird als "Wiege der Menschheit" angesehen, bekannt als einer der ältesten Stätten der menschlichen Existenz, mit einer sagenumwobenen Geschichte, geografischen Wundern und kultureller Vielfalt.

Während meiner Reisen mit dem Bus durch Äthiopien habe ich mich selten unsicher gefühlt. Die Straßenverhältnisse sind nicht immer die besten und eine Fahrt im Bus kann manchmal sehr holprig sein. Die Menschen sind sehr freundlich, hilfsbereit und ehrlich. Die Kriminalitätsrate im Land kann nicht mit anderen afrikanischen Ländern verglichen werden. Um in abgelegene Gebiete zu reisen, wie der z.B. die Danakil Senke, muss man eine Erlaubnis erhalten, plus Personenschutz, der eine Reisegruppe begleitet. Leider ist bei einem tragischen Zwischenfall in diesem Monat eine Gruppe von Touristen in dieser entlegenen Gegend angegriffen worden und fünf Europäer wurden dabei getötet. Ein solcher Angriff ist nicht die Norm bei Besuchen von kulturellen und geographischen Attraktionen in Äthiopien.

Als ich durch das Land gereist bin, besuchte ich auch Mekele und Wukro in der nördlichen Region. Mekele ist die Hauptstadt von Tigray, eine schnell wachsende und freundliche Universitätsstadt mit vielen Studenten. Es ist auch der wichtigste Knotenpunkt für Ausflüge in Tigray, um die Felsklöster im Norden und die Danakil Senke im Osten zu erforschen. Die Danakil Senke liegt etwa 100 Meter unter dem Meeresspiegel und ist der tiefste Punkt des Kontinents, einer der heißesten Orte der Erde. Ich habe das Gebiet selbst noch nicht besucht, aber kenne einige, die durch die surreale Landschaft des Vulkans und Lava Seen gegangen sind. Dort zu reisen ist pures Abenteuer und ein erfahrener Reisender sollte dieses Gebiet nur vorbereitet erkunden.

Von Mekele fuhr ich weiter Richtung Norden nach Wukro, um die schöne Landschaft und die Felskirchen in der Gegend zu sehen. Die Region ist berühmt für die alten versteckten Kirchen in den Bergen. Das ländliche Gebiet erscheint wie im Bilderbuch mit den sandigen Bergen, die aus der Landschaft ragen. Der nördliche Teil von Äthiopien sieht wie eine Steinwüste aus, und es kann sehr heiß werden. Man sieht einige Dörfer in der Ferne, wo die Bauern auf den Feldern arbeiten. Wir mieteten einen Minibus mit mehreren Freunden, um von Wukro aus einige Klöster in der Berglandschaft zu erkunden. Kleinere Berge waren einfach zu besteigen, aber steile Berghänge waren auch dabei, die einen schwierigen Aufstieg zum Gipfel erforderten. Einheimische halfen uns zu den versteckten Kirchen hinauf, von wo man einen einmaligen Ausblick hat. Die alten architektonischen Bauten, die in die Bergfelsen zwischen dem 9. und 15. Jahrhundert gehauen wurden, sind einzigartig und die Klettertour macht den Trip noch interessanter.  

Diese Landschaft hat mich so fasziniert, dass ich nochmals das Gebiet zu Fuß erkunden wollte. Bei meinem zweiten Besuch nahm ich einen Bus von Wukro nach Hawsien, der sich sehr langsam auf dem sandigen Feldweg durch die Landschaft bewegte. In Hawsien fand ich ein kleines Hotel und hatte das Glück, einen äthiopischen Mann aus Wukro zu treffen, der 8 km mit mir zu Fuß zum nächsten Dorf und wieder zurück ging. Wir begegneten Bauern, die ihre Felder mit Ochsen pflügten und ihre Arbeit auf den Feldern verrichteten. Einheimische luden uns in ihr Haus ein, um an einem gemeinschaftlichen Fest teilzunehmen. Wir hatten Glück, zum richtigen Zeitpunkt an dem Bauernhaus vorbei zu gehen. Es war ein Nachbarschaftstreffen von Priestern und Bauern, die ein Erntedankfest mit reichlichem Essen und Trinken zum Mittag feierten. Ich freute mich, an dem besonderen und intimen Ereignis teilnehmen zu dürfen. Auch alle dort waren stolz, einen Besucher aus der westlichen Welt in ihrer Runde zu haben.

Die Afar Region, mehrere Hundert Kilometer süd-östlich von Mekele, wie z.B. Asaita, Semera und Logiya, ist auch sehr interessant. Ich nahm einen Bus von Dessie durch Bati, vorbei an Semera nach Asaita. Wenn man von Mille nach Asaita fährt, sieht man eine monotone flache Wüstenlandschaft in unerträglicher Hitze. Kamele gehen über die Straße begleitet von einem Afar-Hirten, der sie an Wasserlöcher führt oder nach essbaren Sträuchern sucht.

Semera ist die neue Hauptstadt der Afar Region. Die Stadt ist nicht schön; die Neubauten in der flachen Landschaft sehen alle sehr monoton und surreal aus. Es gibt nicht viel zu sehen, es sei denn, man hält an, um eine Erlaubnis für die Erkundung der Salzseen in der Nähe von Asaita zu erhalten. Logiya ist eine lebendige Stadt, wo äthiopische LKW-Fahrer auf dem Weg von und nach Dschibuti’s Hafenstadt anhalten. Der Ort ist ist laut und schmutzig, mit vielen Bars und Restaurants entlang der Hauptstraße.

Wir fuhren ca. 70 km Richtung Osten weiter, wo das Leben abseits der Hauptstraße ruhiger ist. In der Kleinstadt Asaita befindet sich der Mittelpunkt des Afar Hoheitsgebietes, das Zentrum der Afar Identität und Kultur. Wir wohnten in einem kleinen Hotel, und ich glaube zu zweit waren wir die einzigen Touristen in dem Ort. Die Hitze war unerträglich. Wir gingen zu dem nahegelegenen Fluß Awash, wo die Landschaft etwas grüner war. Männer badeten im Fluß, während Kamele, Rinder und Ziegen dort Wasser tranken. Selbst in der Nacht kühlte es nicht ab und alle schliefen draußen.

Die Afar sind stolze und harte Menschen, nicht so neugierig und freundlich, wie Äthiopier in anderen Gebieten. Wir haben uns bemüht, mit den Einwohnern zu sprechen, als wir durch die Kleinstadt gingen. Es war nicht so einfach, aber wir trafen doch einige freundliche Kinder und Menschen auf unserem Weg. Wir fuhren nach zwei Tagen weiter, aber möchten gerne in der Zukunft die vier Salzseen in der Nähe erkunden. Diese abgelegene Gegend an der Grenze zu Dschibuti ist etwas für erfahrene Abenteurer, und eine Reise dorthin sollte ernsthaft geplant sein. Es ist einer der rausten Gebiete Afrika’s; eine harte, desolate und surreale, aber einmalige Landschaft.


Die Afrikanische Union

Photo: Jacoline Prinsloo/EPA

Der 18. Gipfel der Afrikanischen Union hat in der vergangenen Woche, vom 23. bis zum 30. Januar 2012 in Addis Abeba, Äthiopien stattgefunden. Dort ist der exekutive und administrative Hauptsitz der AU, wo auch die Kommission der Afrikanischen Union (AUC) ihre Hauptvertretung hat. Die Afrikanische Union ist ein Zusammenschluss von 54 afrikanischen Mitgliedstaaten, und die Mitgliederversammlung ist das oberste Organ der Afrikanischen Union.

Addis Abeba stand unter hohen Sicherheitsvorkehrungen während des Gipfels. Fahrzeuge dürfen nicht bei der Ankunft der afrikanischen Staats-und Regierungschefs fahren, und Fußgänger dürfen die Straßen nicht überqueren. Bewaffnete Soldaten blockieren die größeren Straßen, vor allem in den Stunden, wenn die Delegationen der afrikanischen Staatsmänner mit ihren Limousinen durch Addis Abeba fahren. Die schwarzen Luxusautos fahren majestätisch in der Stadt, wo normalerweise bescheidene Menschen, Arbeitstiere, Autos und Busse ihren Geschäften nachgehen.

Einmal im Jahr treffen sich die Afrikanischen Staatschefs zum AU-Gipfel. Die AU-Führung wechselt jährlich zwischen den Mitgliedstaaten. Benin’s Präsident Boni Yayi wurde zum neuen Vorsitzenden während dieses Treffens der Versammlung gewählt. Das neue AU Konferenz Center in Addis Ababa war ein Geschenk von der chinesischen Regierung und wurde zu Beginn des Gipfels im Januar 2012 eingeweiht. Die moderne Anlage verfügt über einen großen, runden Plenarsaal und ein 20-stöckiges Bürogebäude, das jetzt das höchste Gebäude in Addis Abeba ist. Äthiopiens Premierminister Meles Zenawi, sagt über den neuen Komplex: "Diese großartige neue Zentrale unserer kontinentalen Organisation, die AU, die im Mittelpunkt des Kampfes für die afrikanische Renaissance steht, ist ein Symbol des Aufstiegs Afrika’s.”

Der Hauptprogrammpunkt des 18. AU-Gipfel war "Die Förderung des innerafrikanischen Handels", um neue Wege zu finden, den Handel innerhalb des afrikanischen Kontinents zu steigern. Die Hungersnot in Somalia und andere aktuelle afrikanische Themen wurden auch während des Gipfels diskutiert.

VISION der Afrikanischen Union

"Ein integriertes, wohlhabendes und friedliches Afrika, das von den eigenen Bürgern angetrieben wird, die eine dynamische Kraft in der globalen Arena representieren."

MISSION und Werte der Kommission der Afrikanischen Union

"Eine effiziente und wertschöpfende Institution, die die afrikanische Integration und Entwicklung vorantreibt, in enger Zusammenarbeit mit den Afrikanischen Union Mitgliedstaaten, den regionalen Wirtschaftsgemeinschaften und den Bürgern Afrika’s".


Addis Abeba

@ Sabine Linn

Addis Abeba, was übersetzt so viel wie "Neue Blume" bedeutet, ist die größte Stadt in Äthiopien mit einer Bevölkerung von über 3 Millionen Menschen. Kaiser Menelik II. gründete die Hauptstadt im Jahr 1886. Die Stadt liegt ca. 2.300 Meter hoch am Fuße des Mount Entoto im Zentrum des Landes.

In Addis Ababa schaute ich mir einige Museen und bekannte öffentliche Orte an. Ich besuchte das Äthiopische National Museum, mit dem berühmtesten Skelett namens "Lucy" - die schätzungsweise 3.2 Millionen Jahre alten Überreste eines frühen Hominiden. Ich besuchte auch das Museum für Völkerkunde, wo auch Haile Selassie’s ehemaliger Palast in den schönen Gärten der Universität von Addis Abeba zu sehen ist. Dort sind Kunstobjekte und Handarbeiten aus verschiedenen Regionen ausgestellt und geben einen guten Einblick in die reichen und vielfältigen Kulturen Äthiopiens. Die Stadt hat auch noch andere Museen, wie z.B. das Natural History Museum oder das Addis Abeba Museum.

In Addis Abeba kann man sich leicht mit einem Minibus Taxi fortzubewegen, ein öffentliches Verkehrsmittel, das am häufigsten benutzt wird. Jungen, die "Weyala” genannt werden, hängen aus dem Busfenster und schreien den Zielort laut aus dem Fenster, so das sich der Bus schnell an jeder Haltestelle mit Menschen füllt. Von der Piazza ging ich die Straße hinauf zur St. George Cathedral, die von Kaiser Menelik in Auftrag gegeben wurde. Danach ging ich zum Merkato Markt zum Einkaufen. Man sagt, Merkato ist der größte Markt in Afrika und er ist wirklich riesig mit vielen Ständen und Markthallen. Sie finden fast alles hier, das zum Verkauf angeboten wird, Tiere, Kleidung, Bauteile und vieles mehr.

Überall in der Stadt findet man Obst- und Saftstände, wo man frische Säfte wie Avocado, Mango, Banane und Papayas genießen kann; mit einem Stück heimischen Brot dient es als guter Snack am Morgen oder Nachmittag. Man kann auch frische Salate dort essen, die schnell von jungen Frauen oder Männern mit einem Lächeln serviert werden. Äthiopien ist das Geburtsland der Kaffeebohne, und deswegen sollte man eine äthiopische Kaffee-Zeremonie nicht verpassen. Es zeigt äthiopische Gastfreundschaft von seiner besten Seite, und eine Einladung ist ein Zeichen von Freundschaft und Respekt.

Sie können Restaurants mit nationalen äthiopischen Gerichten überall in der Stadt essen, aber es ist auch einfach, italienisches oder westliches Essen zu finden. Eine große Anzahl der Restaurants bietet Pasta oder Pizza zum Essen an, das an die italienische Besatzung in den 1930er Jahren erinnert. In einigen Teilen der Stadt findet man auch Restaurants mit internationalen Gerichten. Äthiopier trinken gerne Bier oder Tej, heimischer Honigwein, zu besonderen Anlässen oder wenn in Gesellschaft von Freunden und der Familie. Äthiopier sind ein sehr geselliges Volk und teilen gerne mit anderen. 

Natürlich habe ich auch reichlich am Nachtleben in der Hauptstadt teilgenommen. Ich besuchte einige Bars und ging mit Freunden in Clubs rund um die Piazza und Bole Road, ein langer Boulevard in der Nähe des Flughafens mit vielen Restaurants, Einkaufszentren, Cafés, Bars und Diskotheken, tanzen. Man findet Bars und Clubs in traditioneller äthiopischer Atmosphäre oder man kann das moderne Nachtleben ebenso wie in Europa oder Nordamerika genießen. Ein äthiopischer Reggae DJ hat uns die lebendige Reggae- und äthiopische Jazz-Szene in Addis Abeba vorgestellt. 

Die Hauptstadt Äthiopien’s hat für jeden etwas zu bieten, heimische Bräuche und die Kulturen des Nahen Ostens, inklusive westlicher Kultur. Man kann nahezu jedes gesellschaftliche Ereigniss in Äthiopien in fröhlicher Runde genießen.